DIAN - Eine Studie über die erbliche Variante der Alzheimer-Krankheit

Aus: Alzheimer Info 1/18

Die DIAN-Studie wurde im Jahr 2008 in den USA begonnen, um die genetisch bedingte Formen der Alzheimer-Erkrankung besser zu erforschen. DIAN steht für „Dominantly Inherited Alzheimer‘s Network“, also „Netzwerk zur Erforschung der dominant vererbten Alzheimer Krankheit“. Rund 0,5 Prozent aller Fälle von Alzheimer sind auf Veränderungen (Mutationen) an einem von drei Genen zurückzuführen. Bei Betroffenen treten die typischen Zeichen der Alzheimer-Krankheit, wie Vergesslichkeit und Orientierungsstörungen, schon sehr jung auf, typischerweise vor dem 60. Lebensjahr, in einzelnen Fällen schon um das 30. Lebensjahr.

DIAN soll in Deutschland in zwei Modulen angeboten werden: Die Beobachtungsstudie und die Therapiestudie. In der Beobachtungsstudie, die seit 2012 läuft, geht es darum, ein besseres Verständnis der genetisch bedingten Alzheimer-Erkrankungen zu erlangen und Ansätze für neue Behandlungsformen zu finden. Zur Zeit werden mehr als 60 Erwachsene im Rahmen der deutschen Studie beobachtet. Weltweit nehmen mehr als 500 Menschen an einer DIAN-Beobachtungsstudie teil. Eingeschlossen werden Personen, deren Vater oder Mutter oder deren Geschwister durch einen genetischen Test nachgewiesene krankheitsverursachende Mutationen in einem der drei bekannten „Alzheimer-Gene“ aufweisen. Somit haben die möglichen Teilnehmenden der Studie ein 50-prozentiges Risiko, das Gen ebenfalls geerbt zu haben und die Krankheit zu entwickeln. Der Verdacht auf eine autosomal-dominant vererbte Form der Alzheimer-Krankheit liegt vor, wenn die Betroffenen zu Erkrankungsbeginn nicht älter als 60 Jahre sind und wenn es in der Familie weitere Erkrankungsfälle gibt oder gab, die auch im Alter von 60 Jahren oder darunter begannen. Das Mindestalter zur Studienteilnahme ist 18 Jahre. Um an der Studie teilnehmen zu können, müssen die Teilnehmenden nicht wissen, ob bei ihnen eine Mutation vorliegt, sie können Krankheitssymptome zeigen oder auch nicht. Die Teilnehmenden erfahren ihren genetischen Status im Rahmen der Studie nicht. Der in der Studie durchgeführte genetische Test ist nicht für die klinische Diagnostik geeignet. Außerdem wird die Beobachtungsstudie als sogenannte Doppelblindstudie durchgeführt: Weder die Teilnehmenden noch das DIAN-Team kennen das Ergebnis des Tests. Wenn die Teilnehmenden ihren genetischen Status wissen möchten, können sie sich an eine externe genetische Beratung wenden.

Im Rahmen der Studie werden die Teilnehmenden alle zwei Jahre ausführlich untersucht. Diese körperlichen und neuropsychologischen Untersuchungen werden am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in München und Tübingen durchgeführt. Dabei werden unter anderem Gedächtnisfunktionen und andere Bereiche der geistigen Leistungsfähigkeit geprüft und eine Lumbalpunktion (Nervenwasserentnahme) durchgeführt. Zur Untersuchung gehört auch eine kernspintomographische Untersuchung des Kopfes (MRT) und eine Positronen-Emission-Tomographie (PET). Mit der PET-Technik lassen sich Stoffwechselvorgänge und die Zusammensetzung des Gehirns untersuchen. Die dabei erfassten Daten sollen helfen, die Krankheit besser messbar zu machen – eine wichtige Grundlage für die Entwicklung von Medikamenten. Im Rahmen der Studie werden die Teilnehmenden umfassend neurologisch und medizinisch betreut und beraten. Zeigt jemand Symptome, wird eine Abklärung in einer neurologischen Praxis bzw. in einer Gedächtnisambulanz empfohlen. Gegebenenfalls werden die notwendigen medizinischen Schritte eingeleitet.

Die Entwicklung von Medikamenten ist das Ziel der DIAN-Therapiestudie. In der Therapiestudie werden die vielversprechendsten Medikamente auf ihre Wirksamkeit gegen die Krankheitsmechanismen auch beim Menschen getestet.

Im Kontakt mit den Teilnehmenden der Studie und ihren Familienmitgliedern wird deutlich, wie belastend die erbliche Form von Alzheimer ist. Das Risiko zu erkranken schwebt oft wie ein Damoklesschwert über mehreren Generationen einer Familie. Das Wissen um das eigene Erkrankungsrisiko ist oft eine schwere Bürde und kann die Wahl und Ausübung des Berufes, die Familienplanung und finanzielle Entscheidungen beeinflussen. Die Angst, elterliche und finanzielle Pflichten nicht mehr erfüllen zu können und die Krankheit möglicherweise zu vererben, ist prägend. In manchen Fällen können junge Erkrankte ihre eigenen Kinder nicht mehr versorgen, sodass die Partnerin bzw. der Partner gleichzeitig die Kinder und die erkrankte Person betreuen muss. Hinzu kommt, dass Demenz in unserer Gesellschaft immer noch ein Tabuthema ist. Das macht es schwer, innerhalb der Familien und erst recht nach außen darüber zu sprechen. Daraus ergibt sich eine massive emotionale, psychische sowie finanzielle Belastung.

In Deutschland sind die Angebote für diese jungen Familien bislang nur unzureichend entwickelt. Es gibt jedoch auch Hilfen: Die Hans und Ilse Breuer-Stiftung bietet auf Antrag zum Beispiel finanzielle Hilfeleistungen für bedürftige Familien, und bei den DIAN-Familientreffen bekommen die Studienteilnehmenden Gelegenheit, sich mit anderen Teilnehmenden sowie deren Familien auszutauschen. Daneben plant DIAN einen Newsletter für Interessierte sowie ein geschütztes internes Forum für Teilnehmende der Studie auf der Webseite der Deutschen Alzheimer Gesellschaft.

Johannes Levin, Vilma Serrone-Schwaiger, Susanne Gräber-Sultan, Jonathan Vöglein
DIAN

Kontakt:
www.dzne.de 
www.breuerstiftung.de 
Prof. Dr. Mathias Jucker: mathias.jucker@uni-tuebingen.de 
PD Dr. Johannes Levin: johannes.levin@med.uni-muenchen.de